Geschichte der Praxis - Praxis für Zahnheilkunde Rain

Ein Merkpunkt der regionalen Architekturgeschichte

Die sogenannte „Postbauschule“ in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts darf in der Architekturgeschichte als das bayerische Pendant zum Weimarer Bauhaus bezeichnet werden. Ihre Protagonisten Robert Vorhölzer, Wilhelm Wichtendahl und Georg Werner konnten „reichsunmittelbar“ bauen, mussten sich also nicht von regionalen Bauämtern an der Durchsetzung der architektonischen Moderne hindern lassen.

In städtischer Umgebung war die Hinwendung zu einer avantgardistischen Architektur stark ausgeprägt, weshalb man im konservativen Klima der Landeshauptstadt München „manchen Staub aufgewirbelt hat“. In den ländlichen Gebieten verfolgte man ein an Tradition und Moderne gebundenes Bauen und entsprach damit auch dem Architekturverständnis des bayerischen Heimatschutzes. Bautypologisch lehnten sich die neuen Landespostämter an historische Profanbauten der diversen bayerischen Hauslandschaften an, die in der Form versachlicht und im Dekor reduziert in Erscheinung traten.



In diese Reihe darf auch das Rainer Postamt gestellt werden, das Wichtendahl in den Jahren 1931/32 entworfen hat. Es ist geprägt durch längsrechteckige Baukörper mit ruhig aufliegenden Satteldächern ohne Überstand. An der Fassade kennzeichnet die Reihung sprossierter Fenster mit liegenden Formaten die Funktion der Schalterhalle. Regelmäßig über das Obergeschoß verteilte, mit Klappläden versehene Fenster deuten auf Wohnungen der Postbeamten hin. Zweifellos, hier waren gute Architekten am Werk. Schöne, handwerklich herausgearbeitete Details, wie die Treppengeländer mit Messingkugeln präzisieren deren Wirken.

Die Rainer Post wurde im Jahr 2010 saniert. Die Architekten haben dabei versucht, so viel wie möglich von der usprünglichen Haltung zu bewahren, so wenig wie möglich zu verändern. Gleichzeitig sollten die Räumlichkeiten mit neuer Nutzung, neuem Leben gefüllt werden. So wurde im Obergeschoß die ehemalige Zahnarztpraxis Dr. Bellin mit allen technischen Anforderungen eingerichtet.

Inhalte zitiert nach: Barbara Wolf - „Wilhelm Wichtendahl als Architekt der Postbauschule“, Ausstellung im Architekturmuseum Augsburg